Mit individuellen KI-Erweiterungen zu echter Produktivität im Unternehmen

KI | Microsoft
Jürgen Sadleder, MA

Im KI-Realitätscheck haben wir gesehen: Microsofts KI-Tools liefern heute schon erstaunliche Ergebnisse, doch oft bleiben sie generisch und hinter den vom Marketing geschürten hohen Erwartungen zurück. Die Vision ist groß, aber ohne Anpassung an Prozesse, Systeme und Unternehmenslogik fehlt der entscheidende Hebel für einen konkreten Mehrwert.

In diesem Beitrag zeige ich, warum KI erst dann wirklich effektiv wird, wenn wir sie gezielt erweitern: mit individuellen Schnittstellen, automatisierten Workflows und klaren Guardrails. So wird aus smarter Technologie ein Werkzeug, das sich nahtlos in den Arbeitsalltag integriert und Unternehmen echte Produktivitätssprünge ermöglicht.

3 Gründe, warum Microsoft Copilot & Co. an Grenzen stoßen

Microsoft Copilot und ähnliche Tools sind großartige Türöffner in die Welt der KI. Sie machen es einfach, erste Erfahrungen zu sammeln, und liefern oft beeindruckende Ergebnisse. Doch wer versucht, damit echte Unternehmensprozesse zu automatisieren oder komplexe Aufgaben zu bewältigen, stößt insbesondere aus diesen drei Gründen schnell an Grenzen:

1. Oberfläche statt Tiefe: Standard-KI-Tools arbeiten mit allgemeinen Modellen und greifen nicht auf die individuellen Daten, Systeme oder Prozesslogiken eines Unternehmens zu. Das Ergebnis: Sie bleiben auf einer oberflächlichen Ebene und können keine maßgeschneiderten Antworten oder Entscheidungen liefern.

2. Stateless Thinking: Jeder Prompt wird isoliert betrachtet. Es gibt keinen echten Kontext über mehrere Schritte oder Vorgänge hinweg – keine Historie, keine Nachvollziehbarkeit. Für komplexe Workflows, bei denen Entscheidungen aufeinander aufbauen, ist das ein massiver Nachteil.

3. Kein Kontrollrahmen: Standard-KI bringt weder Verantwortlichkeiten noch Eskalationspfade oder klare Regeln mit. Ohne diese Guardrails entsteht ein System, das zwar kreative Ideen liefert, aber keine sichere Basis für produktives Arbeiten im Unternehmen bietet.

Mein Tipp: KI „out of the box“ ist ideal, um Potenziale aufzuzeigen und erste Ideen zu entwickeln. Doch für den produktiven Einsatz im Unternehmensalltag braucht es Integration, Kontrolle und Erweiterungen, die weit über die Standardfunktionen hinausgehen.

Das große Versprechen: KI als Assistent für alle

Mit Copilot hat Microsoft eine klare Vision: Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsalltag in Word, Excel, Outlook, Teams & Co. revolutionieren. Von der Führungskraft bis zum Sachbearbeiter – jeder soll von kontextbezogenen Vorschlägen, personalisierter Hilfe und einer nahtlosen Integration in die bekannte Microsoft 365-Welt profitieren. „Copilot ist da, wo Sie arbeiten“ – so das Versprechen.

Die Botschaft klingt verlockend: Weniger Zeit für Routineaufgaben, mehr Freiraum für strategische und kreative Arbeit. Zudem soll alles sicher, compliant und datenschutzkonform direkt in die vertraute Microsoft-Umgebung eingebettet sein. Kein Wunder also, dass bei Vorständen und Bereichsleitern die Erwartungen hoch sind.

Doch die Praxis zeigt ein differenzierteres Bild: Die erhofften Effizienzgewinne bleiben bislang oft hinter den großen Versprechen zurück. Trotz KI-Unterstützung ist die Arbeitsintensität vieler Teams nicht spürbar gesunken und die erhoffte Zeitersparnis ist noch nicht eingetreten. 

Der zentrale Hebel: Individuelle IT-Erweiterungen

Der eigentliche Wendepunkt in der Arbeit mit KI ist nicht die Frage, ob sie hilft, sondern wie man sie richtig einbettet. Erst wenn ganze Prozesse KI-gestützt abgebildet werden, wenn die KI nicht nur Antworten liefert, sondern selbst Aktionen auslöst – etwa Kundendaten anlegt oder Workflows startet –, wird sie zum produktiven Werkzeug.

Dafür braucht es individuelle technische Erweiterungen, die die Standardfunktionen von Microsoft Copilot und Co. ergänzen. Grundsätzlich gibt es dafür die folgenden Möglichkeiten, gereiht nach der Komplexität ihrer Umsetzung:

  • Custom Connectors und APIs: Direkte Anbindungen an CRM-, ERP- oder DMS-Systeme sowie Dritt-Tools ermöglichen es der KI, nicht nur Informationen auszulesen, sondern auch echte Transaktionen auszuführen.
  • Graph-API-Erweiterungen: Für feinere und tiefere Datenzugriffe innerhalb von Microsoft 365. Ideal, wenn man z. B. Teams-Chats, SharePoint-Dokumente oder Kalenderdaten gezielt einbeziehen will.
  • Eigene GPT-Plugins / Copilot Studio Plugins: Damit lässt sich konkrete Business-Logik direkt in den Copilot integrieren, etwa für spezielle Freigabeprozesse oder Compliance-Prüfungen.
  • Azure AI Foundry: Hier können Unternehmen ihre eigene KI auf dem Microsoft-Stack aufbauen, auch unter Einbindung externer Modelle wie OpenAI. Aber Vorsicht: Solche Projekte dauern in der Umsetzung oftmals 60 Tage oder länger und müssen gut durchgerechnet werden. Denn auch in der Anwendung schlägt jeder einzelne genutzte AI-Token zu Buche und wird schnell zur Kostenfalle.

Gleichzeitig braucht es eine Workflow- und Prozesslogik, die die KI sinnvoll steuert:

  • Power Automate, Logic Apps und Azure Functions sorgen dafür, dass KI-Ausgaben nicht einfach im Raum stehen, sondern konkrete Folgeaktionen auslösen – regelbasiert, nachvollziehbar und skalierbar.
  • So wird KI vom Endpunkt zum Aktionselement: Sie liefert nicht nur Text, sondern setzt selbst Dinge nach klar definierten Regeln in Bewegung.

Und schließlich darf der Kontrollrahmen nicht fehlen. Es braucht die folgenden Bedingungen, um KI sicher und vertrauenswürdig in betriebliche Prozesse einzubinden:

  • Klare Regeln für sensible Bereiche, wie z.B. HR, Legal oder Datenschutz.
  • Einbeziehung von Menschen für kritische Entscheidungen, wie z.B. Genehmigungen und Eskalationen.
  • Logging, Monitoring und Feedback-Systeme, damit Ausgaben überprüft, Fehler korrigiert und die Qualität laufend verbessert werden kann, z.B. eine eigene Telemetrie-Logik für GPT-Ausgaben.

Meine Überzeugung: Erst das Zusammenspiel aus Integration, Automatisierung und Kontrolle macht aus einer Standard-KI eine echte Unternehmens-KI.

 

Use Cases: Wie individuelle Entwicklungen KI-Grenzen überwinden

Die Praxis zeigt: KI liefert erst dann echten Mehrwert, wenn sie eingebettet ist in eine Architektur aus Datenanbindung, Workflows und Kontrollmechanismen. Vier typische Szenarien verdeutlichen, wie individuelle Entwicklungen die Grenzen von Standard-KI-Tools überwinden.

Use Case #1: Automatisierte Rechnungsverarbeitung

Ein Klassiker im Büroalltag: Rechnungen kommen per E-Mail als PDF ins Unternehmen. Copilot kann zwar Text auslesen und Rechnungsnummern oder Beträge erkennen, aber er weiß weder, in welches Projekt eine Rechnung gehört, noch welche Freigabelogik oder Buchhaltungsregeln anzuwenden sind. 

Die Lösung entsteht durch eine Kombination mehrerer Bausteine: Azure AI Document Intelligence extrahiert zunächst die strukturierten Daten aus dem PDF. Ein Power-Automate-Flow prüft anschließend Beträge, Empfänger und Projektzuordnungen, stößt automatisch den Genehmigungsprozess an und sendet Rückmeldungen direkt in Microsoft Teams. Am Ende landen die freigegebenen Daten über eine API-Anbindung automatisch im ERP-System.

Use Case #2: Projektstatus per Sprache abfragen

Stellen wir uns eine Führungskraft vor, die spontan fragt: „Wie steht Projekt X?“ Standard-Copilot kann nur auf Daten aus Planner oder Power BI zugreifen, externe Systeme wie Jira oder Zeiterfassungstools kennt er nicht. 

Mit individuellen APIs ändert sich das Bild: Sie ermöglichen es GPT, aktuelle Daten aus allen relevanten Systemen abzurufen, zu konsolidieren und zu priorisieren. Die KI gibt daraufhin eine aussagekräftige Antwort aus, etwa: „Projekt X hinkt zwei Wochen hinterher, Hauptgrund: Personalknappheit.“ Optional kann sie sogar automatisch eine Folgeaufgabe im Projektmanagement-System anlegen.

Use Case #3: Vertragsvorlagen & Entscheidungsgrundlagen

Auch bei komplexeren Aufgaben wie der Erstellung einer Vergleichsvorlage für drei Softwaretools stößt Copilot ohne Anpassung an seine Grenzen: Er kennt keine internen Richtlinien oder Compliance-Vorgaben. 

Hier kommt ein RAG-System (Retrieval-Augmented Generation) ins Spiel, das interne Dokumente wie IT-Strategien oder Datenschutzrichtlinien einbindet. Ein GPT-Modell erstellt auf dieser Basis eine strukturierte Entscheidungsgrundlage. Der Mensch bleibt eingebunden: Er prüft, ergänzt und gibt die Vorlage frei, während Logging und Monitoring für Nachvollziehbarkeit und Compliance sorgen.

Use Case 4: Vertriebsreport mit KI-Auswertung

Beim monatlichen Vertriebsreport weist Copilot zwar korrekt aus, dass ein Mitarbeiter im Juli deutlich weniger Kundenkontakte hatte. Was ihm jedoch fehlt, ist der Kontext: Er erkennt nicht, dass dies schlicht daran liegt, dass der Mitarbeiter drei Wochen im Urlaub war. Ohne solche Hintergrundinformationen bleiben die Analysen oberflächlich und führen leicht zu falschen Schlussfolgerungen.

Die Lösung: Power BI liefert die Rohdaten, während das GPT-Modell über APIs zusätzliche Kontextinformationen erhält, von Vergleichswerten über Metrikgrenzen bis hin zur zeitlichen Einordnung. So kann die KI nicht nur Kennzahlen analysieren, sondern auch Trends interpretieren und konkrete Handlungsempfehlungen geben, die anschließend automatisiert an das Management verteilt werden.

Mein Tipp: Künstliche Intelligenz kann heute schon viel leisten. Aber erst durch Integration, Automatisierung und klare Kontrollmechanismen wird sie von einem isolierten Tool zu einem echten Bestandteil der Unternehmensprozesse.

Mein Fazit: Das wahre Potenzial von Copilot & Co. liegt in KI-Erweiterungen

Microsoft Copilot und ähnliche Tools sind ein guter Einstieg in die Welt der KI. Aber ohne ergänzende Entwicklungen bleibt es bei schönem, aber letztlich oberflächlichem Output. Erst durch individuelle KI-Erweiterungen werden aus Copilot & Co. echte Assistenten, die Prozesse verstehen, Entscheidungen vorbereiten und Aktionen auslösen.

Klar ist: Die Möglichkeiten der KI werden in den nächsten Jahren rasant zunehmen und der Aufwand für Individualisierung wird sinken. Eine reine „out-of-the-box“-Lösung bleibt aber weiter Wunschdenken. Wer heute in KI-Projekte investiert, sollte immer prüfen: Bringt es innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre echten Mehrwert? Längerfristig lassen sich die Entwicklungen ohnehin kaum planen, da sich die Technologie ständig selbst überholt.

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Jürgen Sadleder, MA
Jürgen Sadleder, MA

Jürgen Sadleder ist seit März 2016 Geschäftsführer bei corner4. Mit jahrelanger Erfahrung als Projektmanager und breit gefächertem Prozesswissen unterstützt Jürgen Kunden in den Bereichen Softwareentwicklung, Business Intelligence und Microsoft 365.

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