Seien Sie der Pilot Ihres ersten Microsoft Power Platform Projekts

Power Platform
Martin Hoffberger MSc

Low-Code-Plattformen sind auf dem Vormarsch. So gaben etwa in einer MGM-Studie mit Techconsult 58 % der befragten Entscheider an, bereits Anwendungen für interne Prozessoptimierung zu nutzen. Wer dabei auf die Power Platform setzt, darf sich vielerorts freuen, denn der Hersteller hat das Toolkit bereits 2019 in einer kostenlosen Basisversion vielen Microsoft 365-Lizenzen hinzugefügt. Mit der mächtigen Plattform erschließt sich auch technisch weniger versierten Anwendern eine neue Welt, um individuelle, konkrete Painpoints im Business-Alltag zu lösen. Beispielsweise setzt Brückner Maschinenbau auf Power Apps zur Effizienzsteigerung ihrer Prozesse. Erfahrungsgemäß ist dennoch aller Anfang schwer.

Damit der Start mit dem mächtigen Toolkit keine Bruchlandung, sondern die erste von vielen erfolgreichen Reisen in eine digitale Zukunft wird, führen wir Sie in diesem Artikel Schritt für Schritt durch die Entwicklung Ihres 1. Pilotprojekts mit der Power Platform – von der Idee über den Prototypen bis zum Release einer funktionsfähigen Anwendung.

Schritt für Schritt durchs 1. Pilotprojekt mit Power Platform

Die Microsoft Power Platform ist prädestiniert für einen agilen Ansatz in der Entwicklung, der von Anfang an die späteren Anwender einbezieht und in kurzer Zeit funktionsfähige Use Cases hervorbringt. Besonders Power Apps und Power Automate sind zwei Tools, die optimal geeignet sind, um konkrete Prozesse zu verbessern. Ihre erste Anwendung entsteht so im Zuge einer konstanten Feedbackschleife in 5 Schritten:

 

1. Anforderungen des Pilotprojekts definieren

Im Mittelpunkt Ihres 1. Projekts steht die Lernerfahrung und je besser Sie den Prozess kennen, desto besser können Sie sich auf die Arbeit mit der Power Platform konzentrieren. Fokussieren Sie sich im ersten Schritt daher auf einen klar definierten und evtl. lästigen Prozess, zum Beispiel die Digitalisierung der Spesenabrechnung oder das digitale Device Management im Unternehmen. Neben der App-Entwicklung eignen sich auch abgegrenzte Workflow Automatisierungen als Startprojekt, automatisieren Sie zum Beispiel die Erinnerung an anstehende Aufgaben für eine bestimmte Nutzergruppe bzw. Fachabteilung.

2. Prototyp entwickeln

Wurden die Anforderungen definiert, beginnen Sie mit der Entwicklung eines Prototyps. Mit dem Designer für Canvas Apps in der Power Platform erstellen Sie dank des intuitiven Drag-and-Drop-Prinzips relativ schnell und einfach ein Mockup der geplanten Anwendung und ihrer Benutzeroberfläche. Die Abbildung und Speicherung der verarbeiteten Daten kann dabei in SharePoint erfolgen. Dieser Prototyp muss im ersten Schritt nicht funktionsfähig sein, sondern ist vielmehr eine praktische Verbildlichung der Anwendung und Ihrer Funktionen.

3. Prototyp testen

Bevor Ihr Prototyp in eine funktionsfähige Anwendung überführt wird, folgt eine Testphase, um sicherzustellen, dass das Konzept der App in der praktischen Anwendung funktioniert. Definieren Sie dazu engagierte Key-User, die die Anwendung über einen definierten Zeitraum ausprobieren und konstruktives Feedback geben. Mit einer möglichst diversen Testgruppe aus Technik-affinen sowie ungeübten Usern verschaffen Sie sich auf diesem Weg ein vollständiges Bild der Nutzererfahrung und steigern von Anfang an die Akzeptanz Ihrer Mitarbeiter für die neue Technologie.

4. Review & Feinschliff

Die Stärke agiler Entwicklungen liegt in der Iteration. Die User werden von Anfang an in den Entwicklungszyklus mit einbezogen und die App Stück für Stück verbessert. Für kleinere Anwendungen sind 2 Review-Zyklen zu empfehlen, bei mittelgroßen Apps sind mindestens 3 Reviews notwendig. Vordefinierte Checklisten mit Beurteilungskriterien geben der Überprüfung eine Struktur und machen das Feedback auf einfache Weise vergleich- und verwertbar.

5. Release

Mit Abschluss der Überprüfung ist die Lösung bereit für den Go-live. Auf Basis einer gründlichen Vorbereitung des Releases stellen Sie sicher, dass die zukünftigen User auf die Veränderung vorbereitet sind. Abhängig vom Umfang machen Sie die App entweder unternehmensweit zugänglich oder beschränken den Zugriff auf einzelne Abteilungen oder Zielgruppe. Kündigen Sie der definierten Usergruppe den Go-live vorab über SharePoint, den Newsletter oder andere Kommunikationskanäle an und integrieren Sie die neue Lösung visuell in die Benutzeroberfläche, damit die Anwender sie nahtlos in ihre Workflows integrieren können.

Expertentipp:

Der erste Prototyp mit der Power Platform ist häufig der schwierigste, doch die Lernkurve ist steil. Es lohnt sich daher einen erfahrenen Partner ins Boot zu holen, der Sie über den gesamten Entwicklungszyklus mit Workshops begleitet und den Lerneffekt für zunehmend eigenständige Folgeprojekte maximiert.

Ressourcen & Voraussetzungen der Power Platform

Die Microsoft Power Platform ist dafür designt worden, sich nahtlos in eine bestehende Microsoft 365-Umgebung einzufügen und den Handlungsraum technisch ungeübter Anwender zu erweitern. Ganz voraussetzungslos ist die Power Platform allerdings nicht:

  • Software: Die Arbeit mit der Power Platform setzt eine bestehende Microsoft 365 Umgebung voraus, die in die Prozesse innerhalb des Unternehmens integriert ist.
  • Project Owner aus dem Fachbereich: Als Low-Code-Plattform zielt die Power Platform auf den „normalen“ Anwender ohne Programmierkenntnisse aus dem Fachbereich ab. Er kennt seine Prozesse, ihre spezifischen Anforderungen und Hürden und ist damit der ideale Project Owner. Dieser definiert den Use Case und seine Anforderungen und begleitet das Projekt bis zum Abschluss, wird allerdings immer wieder an technische oder entscheidungsrelevante Grenzen kommen, was meistens eine fachübergreifende Teamarbeit bzw. externe IT-Dienstleistungen erforderlich macht. Für den längerfristigen Einsatz der Power Platform im Unternehmen gilt es außerdem den IT-Leiter an Bord zu holen.
  • Know-how: Microsofts ambitionierte Vision vom Citizen Developer hat in der Praxis häufig Grenzen, denn ähnlich wie bei der Nutzung von Excel können auch technisch unbedarfte Anwender einfache Funktionen ausführen. Für die Erstellung komplexerer Logiken und Workflows sind allerdings ein ausgeprägtes logisches Verständnis und Zeit zur Experimentierfreudigkeit notwendig.

Schneller Start, schnelle Erfolge: Vorbereitung & Vorlaufzeit

Eine schlanke Cloud-Infrastruktur, eine intuitive Entwicklungsumgebung und ein einfacher Einstieg in die Anwendungsentwicklung – die Microsoft Power Platform minimiert die Vorlaufzeit für die Installation und Einarbeitung und ermöglicht dadurch schnelle Entwicklungszyklen:

  • Als Microsoft Cloud-Anwendung läuft die Power Platform auf jedem internetfähigen Gerät in einem Browser.
  • Die Plattform bietet Schnittstellen zu Microsoft-Anwendungen und viele Vorlagen für Standardprozesse, sodass die erste Anwendung innerhalb weniger Tage realisiert werden kann.
  • Über den Designer fügen auch neue Nutzer mit wenigen Klicks erste Anwendungen über den intuitiven Editor zusammen und erhalten dank der isolierten Testumgebung sofortiges Feedback.

 

Risiken beim 1. Pilotprojekt mit der Power Platform

Die Power Platform besteht aus verschiedenen Tools, die unterschiedlich komplexe Anforderungen im Unternehmen bedienen. In der Lizenzierung bedeutet das:

  • In den Lizenzen E3, E5 und Business Premium ist die Power Platform enthalten. Allerdings sind in dieser Version nicht alle Konnektoren und Funktionen verfügbar. Für die ersten Projekte in SharePoint oder Teams ist die Basisversion Business Basic ausreichend, komplexere Anwendungen mit Anbindung an Dynamics oder Database stoßen schnell an ihre Grenzen.
  • Je nach Lizenzmodell fallen entweder pro App und Benutzer oder pro Benutzer monatliche Gebühren für die Nutzung an. Teilweise sind kostenlose Testversionen verfügbar. Deshalb muss der IT-Administrator die Lizenzverwaltung regeln und sicherstellen, dass die Lizenzen effizient genutzt werden.
  • Die Einfachheit und Zugänglichkeit der Plattform birgt das Risiko für die Entstehung von Schatten-IT, die potenziell die Integrität und Effizienz des Systems gefährden können.

Expertentipp:

Da jede Power Platform Lösung sich zunächst in einem isolierten Raum testen lässt, brauchen Sie als Einsteiger keine Folgen für das Gesamtsystem befürchten und können frohen Mutes erste Schritte wagen. In SharePoint lassen sich beispielsweise einfach Site Collections anlegen, in denen jede Entwicklung ohne Folgen für das Gesamtsystem getestet werden kann.

Nach dem 1. Projekt: Next Steps

Das 1. Projekt mit Power Platform ist abgeschlossen. Sie haben wertvolle Erfahrungen gesammelt und sich mit den Herausforderungen und Chancen der Plattform vertraut gemacht. Nun gilt es, Schritt für Schritt weitere Anwendungsfälle zu erschließen und umzusetzen. Das sind die nächsten Schritte nach dem 1. Projekt:

  • Neue Anwendungsfälle finden:
    Jede Abteilung kämpft mit spezifischen Herausforderungen und hat besondere Anforderungen an ihre Prozesse. Finden und definieren Sie weitere Anwendungsfälle.
  • Abgrenzung von bestehenden Systemen sicherstellen:
    Sorgen Sie für eine klare Abgrenzung neuer und bestehender Systeme. Welche Anforderungen werden bereits abgedeckt und wo kommt die neue Plattform zum Einsatz?
  • Use Cases priorisieren:
    Geben Sie den identifizierten Anwendungsfällen eine Reihenfolge, indem Sie diese in Bezug zu ihren übergreifenden Zielen setzen, schnell Ergebnisse erzielen und mögliche Synergien zwischen einzelnen Projekten nutzen können.
  • Use Cases evaluieren:
    Werten Sie jeden Use Case im Rahmen eines Analyse-Workshops aus, um Erkenntnisse festzuhalten und zu verstetigen.
  • Übergreifende Auswertung:
    In der Laufe der ersten Projekte ergibt sich eine Reihe von Fragen, Einsichten und Bedenken, die Sie am besten mit einem erfahrenen Partner besprechen. Im Rahmen eines Workshops können Sie aufgeworfene Grundsatzfragen klären und in Zukunft noch bessere Anwendungen realisieren.
  • Kosten & Skalierung:
    Führen Sie eine Kostenanalyse durch und ermitteln Sie den Skalierungsfaktor, um die Effizienz der Plattform zu steigern und im gesamten Unternehmen zu etablieren.

 

Fazit: Keine Angst vor der Power Platform

Die Power Platform ist mehr als ein Tool für die schnelle Lösung kleiner Probleme im Unternehmensalltag. Für den effektiven Einsatz benötigen Sie eine Strategie, die Einsatzorte und Anwendungsfälle klar definiert. So stecken Sie einen verbindlichen Rahmen für die Anwender ab und legen den Grundstein für Entwicklungserfolge mit messbaren Ergebnissen.

Für Mitarbeiter ist die Plattform von Microsoft ein sehr dankbares Tool. Durch die intuitive Benutzeroberfläche erhalten sie ein direktes Feedback, wodurch Frust vermieden und die Motivation gesteigert werden. Falls doch etwas nicht so funktioniert wie es soll, hilft Ihnen die aktive Community, eine Lösung zu finden. Zudem stellt Microsoft eine Bibliothek mit Lernunterlagen und vielen praktischen Übungen kostenlos auf ihrer Seite zur Verfügung.

Möchten Sie am liebsten direkt loslegen? In unserem kostenlosen Whitepaper finden Sie viele weitere nützliche Infos, Tipps und Erfolgsgeschichten zur Power Platform.

Martin Hoffberger MSc
Martin Hoffberger MSc

Martin Hoffberger ist seit 2023 Head of Cloud bei corner4. Zuvor betreute er seit 2017 als Application Developer und IT Consultant Kundenprojekte. Egal ob Microsoft Power Platform oder SharePoint Projekte, Martin ist Ihr Experte und Partner.

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